Lessons learned - Geglückter Test beim Marathon

Eigentlich habe ich es immer offen und ehrlich gesagt: "Ein isolierter Marathon? Das bockt mich mal so gar nicht an!" Und so richtig hat sich meine Meinung dazu auch nicht geändert. Aber uncool ist so ein Marathon auf jeden Fall auch nicht.

Nach dem leider suboptimalen Rennen auf Hawaii war ich sehr enttäuscht, dass ich nicht das zeigen und abrufen konnte, was ich drauf hatte. Also stand für mich fest, dass ich auf jeden Fall noch an irgendeinem Wettkampf teilnehmen wollte. Nicht für irgendwen anders, sondern für mich. Für mein Ego. Unser lokaler Twistete-Adventsmarathon schien mir da die perfekte Lösung zu sein.

Die Strecke ist zwar alles andere als eine Bestzeiten-Strecke mit über 600 Höhenmeter und das ganze über Waldwege, aber eine coole Challenge würde es auf alle Fälle sein!

Das Ziel war recht einfach. Mir selbst beweisen, was ich läuferisch drauf habe. Aus meiner Komfort-Zone rauskommen und etwas machen, was ich sonst nicht mache. Und im Zuge dessen ein paar Dinge ausprobieren, die mir hoffentlich in den kommenden Jahren weiterhelfen werden.

Ich war mir im Klaren darüber, dass meine Laufform an sich super ist. Aber Berge laufen und das ganze dann auch noch auf unbefestigten Waldwegen? Das ist eigentlich so gar nicht meins. Aber ich wollte es ja so. Also bin ich in der Vorbereitung viele Höhenmeter gelaufen und das schwerpunktmäßig auf Wanderwegen und Trails. Bei unserem goldenen Herbst ein Traum! Sollte man eigentlich viel öfter machen. Auch im Sommer. Ich habe das Gefühl, dass mein Tritt sicherer geworden ist und mein Laufstil sauberer. Dazu haben mit Sicherheit auch die Berganläufe vor der Haustür beigetragen. Die haben mir zwar das Laktat bis in die Haare geschossen, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Wir Triathleten sind ja eh masochistisch veranlagt und haben Spaß am Schmerz.

 

Damit war das Training erledigt, aber das größte Problem beim Laufen hat mir in der Vergangenheit oft der Magen bereitet. Und auf Stuhlgang unterwegs hatte ich definitiv keine Lust. Meine Lösungsidee? Kein Weizen mehr in der Alltagsernährung und das gepaart mit ein paar Tricks aus der F-A-S-T-Formel. Morgens gab es zum Frühstück beispielsweise Gewürzquark mit Haferflocken und Beeren. Anfangs dachte ich, das würde überhaupt nicht schmecken, aber überraschenderweise find ich's mega. Die Nudeln habe ich durch Reis, Quinoa oder Hirse ersetzt und siehe da: Keine Magen-Darm-Probleme mehr! Es hat im Training super funktioniert und im Rennen selber dann auch. Schön, für das Problem endlich eine Lösung gefunden zu haben! Hat ja auch lange genug gedauert. Das Konzept werde ich von jetzt an auf jeden Fall beibehalten. Das Trainingskonzept stand also fest, die Ernährung auch - Zeit das ganze am Wettkampftag abzurufen.

Das Rennen selber lief dann auch nahezu perfekt. Ich bin völlig stressfrei morgens gestartet und habe mir keine Gedanken über Zielzeiten, Pacing o.ä. gemacht. Einfach losrennen und schauen, was bei rumkommt. Zu Beginn bin ich direkt mit den ersten Jungs mitgerannt, von Kilometer drei bis sieben war ich in der ersten großen Gruppe und ab Kilometer acht waren wir dann nur noch zu zweit. Mit Martin (die 220 oben auf dem Bild) bin ich bis Kilometer 19 zusammengelaufen. Das Tempo war zu schnell für mich, das wusste ich, war mir aber egal. Und es war auch die richtige Entscheidung, mit ihm mitzulaufen, weil ich so einen guten Puffer herauslaufen konnte. Auf den letzten 23 Kilometern war ich dann alleine und hatte keine Mitläufer in Sicht. Weder vor mir, noch hinter mir. Das war vom Kopf her nicht einfach. Vor allem nicht, weil mich das hohe Anfangstempo einiges an Energie gekostet hat und meine fünf Gels bei Kilometer 30 aufgebraucht waren. Glücklicherweise ging es die letzten zehn Kilometer nur noch bergab. Das war zwar gut um einigermaßen schnell weiterlaufen zu können, aber wenn man körperlich (langsam auch muskulär) schon ziemlich müde ist, dann sind nasse, steile Waldwege bergab echt fordernd. Das hat dann bei Kilometer 38 sogar dazu geführt, dass ich den Ordner nicht wahrgenommen habe und kurzzeitig vom Kurs abgekommen bin. Der berühmte Tunnel des Kohlenhdratdefizits.

Am Ende bin ich in 3:03h Siebter geworden. Ein mega Ergebnis und schneller, als ich mir das im Vorfeld ausgerechnet hatte. Reflektiert war das sogar meine beste sportliche Leistung in diesem Jahr. Auf einer flachen Strecke wäre es wohl eine Zeit zwischen 2:50-2:55h gewesen. Genau das, was ich physiologisch im Stande bin zu laufen. Super cool das Wettkampfjahr mit einer optimalen Leistung zu beenden. 

Zwei Sachen stehen im Nachhinein auch fest: 1) Der Marathon, vor allem die Vorbereitung, hat mich zu einem besseren Athleten gemacht. 2) Ein Marathon zerstört einen muskulär völlig. Ich hatte noch NIE so krassen Muskelkater, wie in den drei Tagen nach dem Rennen.

In der Vorbereitung habe ich komplett auf das Radtraining verzichtet. Die fünf Wochen haben mir auch mal gut getan. Jetzt steht dann eine zweiwöchige Laufpause an, dafür geht das Radtraining aber wieder los. Zur ersten groben Anpassung der Wattwerte bin ich einen Stufentest auf der Rolle gefahren und die Werte sind trotz der Pause ganz solide.

Jetzt freue ich mich schon auf den 29.12, wenn ich für 16 Tage ins Playitas nach Fuerteventura fliege, um in der Sonne viele, viele entspannte Grundlagenkilometer zu sammeln. Zwar war mir in den letzten Tagen bei zwei Grad nicht wirklich kalt, aber Radfahren bei 20 Grad bevorzuge ich dann doch. Und ach ja, Schwimmen im 50m-Outdoorpool ist auch nicht so verkehrt.

Bevor es aber auf die Insel geht bekomme ich am 21. noch meinen Draht aus dem Arm. Der Draht, der meine Saison gerettet hat und mir irgendwie auch zu ein bisschen Ruhm geholfen hat. Ohne den gebrochenen Arm wäre meine mediale Wahrnehmung auf Hawaii sicherlich nicht so groß gewesen. Zeit für Dankbarkeit? Auf jeden Fall. Und welche Zeit eignet sich dafür besser als die Weihnachtszeit. In diesem Sinne wünsche ich Euch eine schöne Weihnachtszeit und hören uns im neuen Jahr.